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Verfällt nicht genommener Urlaub zum Jahresende? Neues vom Bundesarbeitsgericht!

Die Brückentage im Mai und Juni laden dazu ein, sie mit Urlaubstagen zu ergänzen. Aber bis wann muss eigentlich der gesamte Jahresurlaub genommen sein und inwieweit lassen sich Urlaubstage in das folgende Jahr übertragen?

Der Urlaub muss laut Bundesurlaubsgesetz im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Im Normalfall muss also der gesamte Jahresurlaub bis zum 31.12. verbraucht sein, ansonsten verfällt er. Dies galt nach der strengen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bislang sogar dann, wenn der Arbeitnehmer am Jahresende den Urlaub noch rechtzeitig beantragt hatte, der Antrag aber vom Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen Gründen abgelehnt wurde. Auch dann verfiel der Urlaubsanspruch zum Jahresende. In diesem Fall konnte der Arbeitnehmer jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub verlangen, der dann im Folgejahr genommen werden konnte.

Unklar war bislang, ob der Arbeitnehmer generell selbst daran denken muss, seinen Urlaub rechtzeitig zu nehmen oder ob der Arbeitgeber womöglich sogar die Verpflichtung hat, ihn daran zu erinnern. Hierzu das Bundesarbeitsgericht (9 AZR 541/15) nun am 19.02.2019 eine arbeitnehmerfreundliche Entscheidung getroffen.

Mit dieser Entscheidung steht nun fest, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nur dann am Ende des Kalenderjahres erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Nach dem Bundesurlaubsgesetz ist es dem Arbeitgeber vorbehalten, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Das bedeutet zwar nicht, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum Jahresende „Zwangsurlaub“ verordnen muss, wenn noch unverbrauchte Urlaubstage übrig sind; der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer aber klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt. Er muss ihn also - wenn nötig - ausdrücklich auffordern, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, weil dieser andernfalls „weg“ ist.

Diese Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung durch das Bundesarbeitsgericht ist dem Europarecht geschuldet. Denn nach der europäischen Arbeitszeitrichtlinie liegt die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs beim Arbeitgeber. Dieser muss also darauf achten, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub auch nimmt und nicht verfallen lässt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hatte dem Bundesarbeitsgericht im November 2018 in einer Entscheidung vorgegeben, das Bundesurlaubsgesetz entsprechend auszulegen.

Der Verfall von Urlaub kann daher in der Regel nur noch eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Arbeitgeber, die eine Anhäufung von Urlaubstagen vermeiden möchten, sind daher gut beraten, die Anzahl der noch nicht genommenen Urlaubstage ihrer Arbeitnehmer frühzeitig zum Jahresende im Blick zu haben und die Arbeitnehmer entsprechend zu informieren und aufzufordern.

Bei arbeitsrechtlichen Fragen rund um das Thema Urlaub setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung!