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Elternunterhalt: Wenn ein Elternteil ins Pflegeheim umzieht…

…dann reichen häufig dessen finanzielle Mittel nicht aus, um die Heimkosten zu finanzieren. Je nach Pflegegrad deckt die Pflegeversicherung einen nicht unerheblichen Teil der Heimkosten ab. Aber da mit steigendem Pflegegrad auch die Heimkosten steigen, bleibt trotz Einsatz des Pflegegeldes und der Rente oft noch eine finanzielle Lücke. Wenn der Elternteil selbst über Vermögen verfügt, ist dieses zunächst einzusetzen, um die Heimkosten daraus zu zahlen. Liegt das Vermögen unterhalb von 10.000,00 EUR, dann kann – jedenfalls in Nordrhein-Westfalen - sogenanntes Pflegewohngeld beantragt werden. In der Regel stellt das Pflegeheim den entsprechenden Antrag selbst. Reichen aber auch Pflegegeld, Pflegewohngeld und Rente zusammen – wie so häufig - nicht aus, um die Heimkosten zu finanzieren, dann kann Sozialhilfe beim zuständigen Sozialhilfeträger beantragt werden, wenn das (Schon-)Vermögen des Elternteils nicht mehr als 5.000,00 EUR beträgt.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt wird das Thema Elternunterhalt relevant. Denn der zuständige Sozialhilfeträger wird, wenn er für den Elternteil Leistungen erbringt, prüfen, wer möglicherweise für den Elternteil unterhaltspflichtig ist. Von dieser Person wird er versuchen, die erbrachten Leistungen zurückzufordern. Das kann der Ehegatte, also der andere Elternteil, sein – oder eben das erwachsene Kind bzw. die erwachsenen Kinder. Ob bzw. in welcher Höhe eine Unterhaltspflicht besteht, hängt davon ab, über welches Einkommen und Vermögen das erwachsene Kind verfügt und welchen finanziellen Verpflichtungen es davon nachkommen muss.

„Es ist ja nicht so, dass ich nicht zahlen will, aber…“ – so beginnen erfahrungsgemäß die meisten Beratungsgespräche zum Elternunterhalt. Dahinter steht oft das Dilemma zwischen dem Gefühl moralischer Verpflichtung einerseits und der Sorge vor zu hoher finanzieller Belastung andererseits. Auch Verletzungen aus der Kindheit oder Ungleichbehandlungen zwischen den Geschwistern spielen immer wieder eine Rolle. Und in der Regel zahlt niemand gerne mehr als er wirklich muss.

Wichtig zu wissen ist, dass der Sozialhilfeträger keinen eigenen Anspruch gegen das unterhaltspflichtige Kind hat, sondern den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch des Elternteils geltend macht. Das bedeutet in der Konsequenz, dass das Sozialamt nicht einfach den Unterhalt festsetzen, einen Bescheid erlassen und diesen im Wege des Verwaltungszwangs selbst vollstrecken kann. Vielmehr muss das Sozialamt das unterhaltspflichtige Kind zur Auskunft auffordern, nach erteilter Auskunftserteilung den Unterhaltsanspruch berechnen und das unterhaltspflichtige Kind zur Zahlung auffordern. Besteht keine Einigkeit hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtung, dann muss das Sozialamt den übergegangenen Anspruch auf Elternunterhalt vor dem Familiengericht geltend machen. Der Familienrichter entscheidet dann im Rahmen eines Unterhaltsverfahrens darüber, ob bzw. in welcher Höhe Unterhalt gezahlt werden muss.

Da dem Unterhaltspflichtigen beim Elternunterhalt deutlich weniger abverlangt wird als beispielsweise beim Kindesunterhalt, gibt es in der Regel viele rechtliche Ansatzpunkte, um erfolgreich gegen einen durch den Sozialhilfeträger geltend gemachten Unterhaltsanspruch zu argumentieren. So darf ein selbstgenutztes Eigenheim des unterhaltspflichtigen Kindes nicht angetastet werden. Zudem darf dem unterhaltpflichtigen Kind ein nicht unerhebliches Schonvermögen verbleiben. Es muss die Möglichkeit behalten, selbst eine eigene Altersvorsorge aufzubauen und muss diese nicht für den Unterhalt der eigenen Eltern einsetzen. Auch der Selbstbehalt, der dem erwachsenen Kind von seinem Einkommen verbleiben darf, ist vergleichsweise hoch. Insgesamt muss sich das unterhaltspflichtige Kind nicht über Gebühr einschränken und seinen Lebensstandard nicht spürbar herabsetzen, um den Unterhalt für die eigenen Eltern leisten zu können. Falls der Elternteil das inzwischen erwachsene Kind in dessen Kindheit emotional oder finanziell vernachlässigt, den Kontakt verweigert oder seinerseits keinen Unterhalt gezahlt hat, kann der Unterhaltsanspruch sogar insgesamt verwirkt sein, so dass überhaupt keine Zahlung mehr geleistet werden muss.

Um der Geltendmachung eines übergegangenen Unterhaltsanspruchs optimal begegnen zu können, empfiehlt es sich, bereits frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sinnvollerweise sollte dies spätestens dann geschehen, wenn die sogenannte Rechtswahrungsanzeige ins Haus flattert, mit der das Sozialamt seine Ansprüche ankündigt. In vielen Fällen kann aber auch bereits dann eine anwaltliche Beratung hilfreich sein, wenn der Umzug des Elternteils ins Pflegeheim ansteht. So kann durch geschickte Gestaltungsmöglichkeiten zu diesem Zeitpunkt häufig noch eine Reduzierung späterer Unterhaltsansprüche erreicht werden.